Guten Tag,
wie soeben bekannt geworden ist, ist die unter dem Titel "Zeit der Solidarität" für den 31.01.2023 in Berlin geplante zweite Obdachlosenzählung abgesagt worden, siehe unten stehende Meldung.
Entgegen der offiziell verbreiteten Lesart ist der Grund dafür nicht in den "krisenhaften Zeiten" zu suchen, sondern hat seine Ursachen in den anhaltenden Protesten wohnungsloser Menschen und zahlreicher Sympathisant_innen.
Sowohl das Berliner Bündnis Gemeinsam gegen die Obdachlosigkeit, der Verein Selbstvertretung wohnungsloser Menschen e.V. als auch die im Netzwerk der Wohnungslosen_Stiftung organisierten Menschen sowie weitere Akteure und Gruppen haben sich in den vergangenen Monaten wiederholt gegen die Zählung ausgesprochen.
Ein umfassendes Positionspapier mit vielen Argumenten ist hier zu finden:
https://www.wohnungslosenstiftung.org/neuigkeiten/2022-05-19-positionspapier-obdachlosenzaehlung.html
Sie forderten alle Berliner:innen zum Boykott der Zählung auf: "Geht da nicht hin, macht da nicht mit!" und verlangen "Wohnungen statt Zählungen". Und leer stehende Wohnungen gibt es in Berlin zahlreich.
Bereits die für den 22.06.2022 musste wegen Mangel an Beteiligung von freiwillig zählenden Menschen abgesagt werden.
https://www.wohnungslosenstiftung.org/neuigkeiten/2022-06-10-presseerklaerung-zaehlung-abgesagt.html
Die mit der "Zeit der Solidarität" verbundenen Versprechungen "Wir brauchen die Zahlen, um ... " haben sich schon jetzt als Phrasen ohne jeglichen Nutzen und Mehrwert für obdachlose Menschen erwiesen.
Auch die Akteur:innen der etablierten Wohnungslosenhilfe müssen sich die Frage gefallen lassen, warum sie in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel zu sehr auf Not- und Kältehilfe-Angebote zur Bewältigung von Obdachlosigkeit und viel zu wenig auf nachhaltige Maßnahmen der Wohnraumsicherung und zur dauerhaften Überwindung von Obdachlosigkeit gesetzt haben.
Obdach- und Wohnungslosigkeit kann, wie in Finnland, überwunden werden, wenn allen Menschen ohne Wohnung eine Wohnung zur Verfügung gestellt wird.
Denken wir darüber nach, was dafür erforderlich ist.
Jetzt ist es an der Zeit, Menschen ohne Wohnung genau zuzuhören und auf ihre Forderungen einzugehen.
Jetzt ist es an der Zeit, leer stehende Wohnungen zu zählen und zu überlegen, wie sie für obdachlose Menschen erschlossen werden können und weitere selbstbestimmte Wohnformen zu ermöglichen.
Jetzt ist es an der Zeit, das Menschenrecht auf Wohnung umzusetzen, Zwangsräumungen zu unterbinden und dafür zu sorgen, dass Profite mit Mieten und Wohneigentum nicht mehr möglich sind.
Ende Januar 2023 wird es in Berlin - organisiert vom Bündnis Gemeinsam gegen die Obdachlosigkeit - wieder eine Mahnwache und eine Kundgebung vor dem Roten Rathaus geben. Parallel dazu wird die Wohnungslosen_Stiftung in Berlin ein Netzwerktreffen wohnungsloser Menschen organisieren.
Wir sehen uns in Berlin.
Herzliche Grüße,
Stefan
+49 - 177 - 784 73 37
PS: Tragt Euch in den Newsletter oben links auf der Homepage www.wohnungslosenstiftung.org ein und bleibt weiter informiert. Diese Nachricht darf gerne weiter verbreitet werden!
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Liebe freiwillig Engagierte im Projekt „Zeit der Solidarität“,
wir möchten Ihnen allen für Ihre Bereitschaft und Interesse an unserem Projekt danken!
Momentan erleben wir krisenhafte Zeiten, in denen uns die Herausforderungen infolge des Krieges in der Ukraine, die daraus resultierenden Flüchtlingsbewegungen, die enormen Kostensteigerungen bei den Lebensmitteln und der Energie gleichermaßen fordern und belasten. Wir vom Projekt „Zeit der Solidarität“ sind davon genauso betroffen und wollen den veränderten Rahmenbedingungen gerecht werden. Zahlreiche Freiwillige haben sich mit den geflüchteten Menschen sehr solidarisch gezeigt und sind dabei zum Teil auch an ihre eigenen Grenzen gestoßen.
Wir sind uns bewusst, wie begrenzt die Ressourcen jedes Einzelnen sind und wie schwierig es daher für Ehrenamtliche ist, sich in einer Zeit der sich stapelnden Krisen gleichermaßen für andere soziale Projekte in Berlin, einschließlich der “Zeit der Solidarität”, zu engagieren.
Daher haben wir uns entschieden, die Erhebung obdachloser Menschen in Berlin am 31.01.2023 abzusagen.
Wir werden jedoch nicht untätig bleiben und werden alternativ zur Erhebung gemeinsam mit Ihnen Ende Januar 2023 eine Aktionswoche durchführen, um die Thematik der Obdach‐ und Wohnungslosigkeit fokussiert in die Sozialräume zu tragen und als einen Beitrag des Projektes zum Netzwerk der Wärme „Orte der Begegnung und des sozialen Austausches“ stärken. Hierzu finden Sie aktuelle Informationen auf unserer Webseite www.zeitdersolidaritaet.de
Mit Ihnen zusammen wollen wir das Format „Zeit für Gespräche“ weiter ausbauen und die Erkenntnisse als einen wichtigen Bestandteil der Berliner Obdachlosenpolitik etablieren.
Gerne können Sie sich (wenn noch nicht geschehen) als Freiwillige:r bei der “Zeit für Gespräche” engagieren! Dafür können Sie entweder auf diese E-Mail antworten oder uns einfach eine E-Mail schreiben an
Nach einer Schulung begleiten wir Sie in den leitfadengeführten Gesprächen mit obdach- und wohnungslosen Menschen in deren Sozialräumen (z.B. in den Einrichtungen oder bei den öffentlichen Essensausgaben). In regelmäßigen Austausch- und Begegnungsveranstaltungen gehen wir auf Ihre Erlebnisse ein und tragen so zur Sammlung grundlegender Informationen und zur öffentlichen Thematisierung von Obdachlosigkeit bei.
Mit unserem Format „Zeit für Gespräche“ wollen wir zwei Probleme angehen, die für die Verbesserung der Lebenssituation obdachloser Personen von großer Bedeutung sind:
- Erstens wissen wir zu wenig über die Ansichten, Erfahrungen, Bedürfnisse und demografischen Hintergründe von obdachlosen Menschen. Durch unsere Gespräche im direkten Kontakt mit Betroffenen erfahren wir mehr und erheben Daten, auf dessen Grundlage sich Handlungsvorschläge und Forderungen formulieren lassen.
- Zweitens schaffen wir ein Netzwerk, um die Zusammenarbeit zwischen obdachlosen und nicht-obdachlosen Nachbar:innen, sowie bereits existierenden Organisationen und Selbstvertretungen zu fördern.
Dadurch können wir die langfristigen Ziele unseres Projekts erfüllen – der Erhebung wichtiger Daten und Erkenntnisse, der Förderung des Engagements im Bereich der Wohnungslosenhilfe, der Aufklärung und Sensibilisierung der Zivilgesellschaft und die verstärkte Zusammenarbeit von Nachbarschaftsarbeit und Wohnungslosenhilfe.
Wir sind ein junges und ausbaufähiges Projekt. Wenn Sie sich als ein:e Expert:in in Sozialwissenschaften, Sozialarbeit oder Statistik verstehen, dann können Sie in unserem Fachbeirat an der Gestaltung und Verbesserung des Projekts mitwirken. Melden Sie sich hierfür gerne bei uns im Projekt unter der E-Mail
Bleiben Sie gesund und engagiert,
Viele Grüße vom Team der „Zeit der Solidarität“
PS, wir respektieren die Wünsche unserer Leser:innen und wenn Sie sich vom Projekt oder dem Newsletter abmelden möchten, schreiben Sie bitte eine E-Mail an
Zeit der Solidarität
Helene-Weigel-Platz 6
12681 Berlin
0151-205 204 27
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